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Auslegung der Formulierung „bis zu meinem Tod pflegt und betreut“ in einem Testament

In einem vom Oberlandesgericht in München entschiedenen Fall errichtete eine kinderlose und verwitwete Erblasserin im April 2011 ein handschriftliches Testament folgenden Inhalts:

„Mein letzter Wille! Die Person, die mich bis zu meinem Tode pflegt und betreut, soll mein gesamtes Vermögen bekommen! Zurzeit ist es: Frau xy, wohnhaft … Ich bin im Vollbesitz meiner geistigen Kräfte. Unterschrift“

Folgende Fragen hat dieses Testament aufgeworfen:

  • Fraglich war bereits, ob die Erblasserin sich bei der Errichtung des Testaments von der Vorstellung leiten ließ, dass die Person, die sie „pflegt und betreut“ dies ab Errichtung des Testaments zu tun hatte. Denkbar war aber auch, dass (auch) ein späteres Übernehmen von Pflege und Betreuung ausreichend sein sollte.
  • Ebenso offen und im Wege der Auslegung nicht sicher feststellbar war, ob die Person, die „pflegt und betreut“, dies ununterbrochen tun musste.
  • Letztlich ließ sich auch nicht klären, ob das zeitliche Element von „Pflege und Betreuung“ nach der Vorstellung der Erblasserin tatsächlich bis „in“ den Tod im Sinne einer Sterbebegleitung erfolgen musste.
  • Darüber hinaus lässt sich aber auch nicht mit hinreichender Sicherheit im Wege der Testamentsauslegung ermitteln, was die Erblasserin inhaltlich unter „pflegt und betreut“ verstand.

Dem Gericht war es nicht möglich, diese Fragen im Wege der Testamentsauslegung zu beantworten. Es konnten daher auch nicht feststellen, welche Kriterien nach dem allein maßgeblichen Erblasserwillen erfüllt sein müssen, damit der Erbe benannt werden kann. Das Oberlandesgericht hat daher aufgrund der Tatsache, dass der Wortlaut des Testaments so unbestimmt war, dass seine Auslegung ergebnislos blieb, dieses Testament für ungültig erklärt (OLG München, Beschluss v. 25.9.2023, 33 Wx 38/23e).