Auch Bedingungen in einem Testament können sittenwidrig und somit ungültig sein. So hatte das Oberlandesgericht Hamm (Aktenzeichen OLG 10 U 58/21) im Juli 2023 darüber zu entscheiden, ob eine testamentarische Verfügung, durch die dem Lebensgefährten einer Miterbin ein Hausverbot erteilt wurde, gültig ist.
Die Tochter der Erblasserin erbte u.a. ein Einfamilienhaus. In einer Wohnung lebte die Verstorbene und in einer weiteren Wohnung die Tochter mit der Enkelin. Diese wurde Miterbin. Der langjährige Lebensgefährte der Tochter hatte eine eigene Wohnung in der Nachbarschaft, ging aber in dem Haus ein und aus, war der Ziehvater der Enkelin und nahm im Haus auch Reparaturen vor.
In dem notariellen Testament, in dem die Tochter und die Enkelin als Erbinnen eingesetzt wurden, waren hierfür allerdings zwei Bedingungen formuliert. Zum einen war es den Erbinnen untersagt, das Grundstück an den Lebensgefährten der Tochter zu übertragen. Zum anderen sollten die Erbinnen dem Lebensgefährten auf Dauer untersagen das Grundstück zu betreten. Zur Überwachung des Betretungsverbots wurde ein Testamentsvollstrecker eingesetzt.
Der 10. Zivilsenat des Oberlandesgerichtes hat die Bedingung als sittenwidrig und somit unwirksam erklärt. Zwar ermögliche die Testierfreiheit es einer Erblasserin grundsätzlich, die Erbfolge nach ihren eigenen Vorstellungen zu gestalten. Sittenwidrigkeit könne daher nur in sehr engen Ausnahmefällen angenommen werden. Dies gelte auch für Bedingungen. Diese seien sittenwidrig, wenn in der Abwägung zwischen der Testierfreiheit der Erblasserin und den Freiheitsrechten der Betroffenen anzunehmen ist, dass durch die Bedingung und den dadurch auf die Bedachte ausgeübten Druck diese zu einem bestimmten Verhalten in einem höchstpersönlichen Bereich gezwungen werden sollte.
Unter Berücksichtigung aller Umstände des Falles stünde, so dass OLG weiter, vorliegend im Vordergrund, dass dem langjährigen Lebensgefährten der Tochter, zugleich Ziehvater der Enkelin, der Zugang zu der schon vor dem Erbfall genutzten Wohnung auf einmal verwehrt sein soll. Das bis zum Tod der Erblasserin unstreitig praktizierte familiäre Zusammenleben könnte aufgrund der Bedingung nicht mehr in dieser Form fortgeführt werden. Damit ist aber der höchstpersönliche Bereich der Lebensführung der Tochter betroffen und die Bedingung sittenwidrig und nichtig.