Irrtum zum Nachlasswert – Anfechtung der Ausschlagung?

Die Ausschlagung der Erbschaft durch den Erben kann insbesondere dann sinnvoll sein, wenn der Nachlass überschuldet ist oder wenn der Erbe aus persönlichen oder finanziellen Gründen die Verantwortung für das Erbe nicht übernehmen möchte. In bestimmten Fällen kann der Erbe die erklärte Ausschlagung später anfechten:

1.Anfechtung einer Erbschaftsausschlagung bei fälschlich angenommener Überschuldung

Auch wenn ein Erbe nicht alle zumutbaren und möglichen Erkenntnisquellen über die Zusammensetzung eines Nachlasses genutzt hat und sein Erbe wegen – fälschlich – angenommener Überschuldung ausschlägt, kann er diese Ausschlagung später anfechten.

Die Anfechtung der Ausschlagung ist jedoch ausgeschlossen, wenn der Erbe sich allein auf Basis von Spekulationen über die Zusammensetzung des Nachlasses dazu entschieden hat, die Erbschaft auszuschlagen und später merkt, dass seine Spekulationen falsch waren.

In einem vom Oberlandesgericht Frankfurt a.M. entschiedenen Fall hatte sich die Tochter des Erblassers über die konkrete Zusammensetzung des Nachlasses geirrt, insbesondere über das Vorhandensein von Kontoguthaben. Dieser Irrtum war kausal für ihre Ausschlagung gewesen und die Tochter konnte die Ausschlagung wirksam anfechten.

2.Kein Irrtum bei einer Erbausschlagung

Ein rechtlich beachtlicher Irrtum über die Überschuldung des Nachlasses liegt nur vor, wenn sich der Anfechtende in einem Irrtum über die Zusammensetzung des Nachlasses befunden hat. Lediglich falsche Vorstellungen über den Wert einzelner Nachlassgegenstände reichen nicht aus.

So hat das Oberlandesgerichts Zweibrücken folgenden Sachverhalt entschieden: Eine Erblasserin verstarb ohne Testament. Sie hatte über mehrere Jahre in einem Seniorenheim gelebt, wobei die Heim- und Pflegekosten von einer Kriegsopferfürsorgestelle übernommen wurden. Diese Leistungen wurden als Darlehen gewährt und durch eine Grundschuld an einem Haus der Erblasserin abgesichert.

Die gesetzlichen Erben waren die Enkel und Urenkel der Erblasserin. Nach ihrem Tod schlug unter anderem eine zur Erbin berufene Enkelin das Erbe aus, da sie annahm, dass der Nachlass überschuldet sei. Zwei Urenkel der Erblasserin nahmen das Erbe hingegen an. Nach dem Verkauf des Hauses der Erblasserin an Dritte focht die Enkelin ihre Erbausschlagung wegen Irrtums an. Sie begründete dies damit, dass sie sich geirrt habe, weil der Verkaufserlös des Hauses die Verbindlichkeiten aus dem grundschuldgesicherten Darlehen für die Heim- und Pflegekosten überstieg. Dieser Irrtum berechtigte jedoch nicht zur Anfechtung der Ausschlagung. Er beruhte lediglich auf einer unzutreffenden Vorstellung über den Wert des Nachlasses, nicht aber auf einem Irrtum über dessen Zusammensetzung.

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